Vermieter aufgepasst! – Fehlerhafte Flächenangaben im Mietvertrag können zu erheblichen Mietrückzahlungen führen

Grundriss

Vermieter aufgepasst! – Fehlerhafte Flächenangaben im Mietvertrag können zu erheblichen Mietrückzahlungen führen

Mietrecht:

Zu große Abweichungen von der im Mietvertrag angegeben Mietfläche können für Vermieter erhebliche Konsequenzen haben. Auch der Zusatz „ca.“ ändert hieran grundsätzlich nichts. Zwar lässt dies erkennen, dass Toleranzen hingenommen werden sollen. Auch für solche Toleranzen ist jedoch die Grenze dort zu ziehen, wo die Unerheblichkeit einer Tauglichkeitsminderung der Mietsache (§ 536 Abs. 1 Satz 1 BGB) endet. Diese Grenze ist im Interesse der Praktikabilität und der Rechtssicherheit bei 10% anzusetzen; eine zusätzliche Toleranz ist dann nicht mehr gerechtfertigt (so auch bereits der BGH im Jahr 2009, Az.: VIII ZR, 133/03)
Urteil des LG Hamburg vom 31.03.2022, Az.: 333 S 15/21

Der Fall:

Die Beklagte mietete eine 3-Zimmer-Wohnung im EG eines Hauses in Hamburg und vermietete diese mit Untermietvertrag vom 24.02.2017/06.03.2017 an einen Sozialhilfeempfänger für monatlich 824 Euro brutto-warm. Das Mietverhältnis dauerte vom 01.03.2017 bis 31.10.2018. Zum 31.10.2018 endete das Hauptmietverhältnis mit der Beklagten. Im Mietvertrag ist die Wohnfläche mit ca. 70 m² angegeben. Der Mieter XY hat seine Rechte an die Klägerin (Jobcenter) abgetreten. Diese hat die Miete direkt an die Beklagte bezahlt und verlangt nun Rückzahlung von der Beklagten für zu viel gezahlte Miete, da sich herausstellte, dass die Wohnung deutlich kleiner als im Mietvertrag angegeben ist.

Die Entscheidung:

Wie das Amtsgericht zutreffend entschieden hat, steht der Klägerin aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Rückzahlung zuviel gezahlter Miete wegen der Flächenabweichung in Höhe von 2.554,50 Euro gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt BGB zu. Im Rahmen des Mietverhältnisses stellte sich heraus, dass die Wohnfläche nicht ca. 70 qm, sondern lediglich 59,12 qm beträgt. Dies stellt eine Flächenabweichung von 15,5 % dar.

Dies hat die Beklagte nicht wirksam bestritten. Wie die Beklagte selbst eingeräumt hat, ist die Angabe von ca. 70 qm im Mietvertrag aufgrund ihrer Schätzung und folglich aufgrund ihres persönlichen Eindrucks von der Wohnung erfolgt.

Eine derart erhebliche Flächenabweichung führt – so auch der BGH in früheren Urteilen – zu einer Mietminderung.

(a) Zwar folgt die Mietminderung nicht aus § 536 Abs. 2 BGB, da vorliegend nicht von einer zugesicherten Eigenschaft ausgegangen werden kann. Die Zusicherung einer Eigenschaft setzt nämlich voraus, dass eine Partei die Gewähr für das Vorhandensein der Eigenschaft derart übernommen hat, dass sie für diese unbedingt einstehen will. Eine derartige Erklärung ist einer „ca. – Angabe“ nicht zu entnehmen, weil aus dieser deutlich wird, dass sich der Vermieter insoweit nicht binden will.

Demgemäß rechtfertigt die Flächenangabe die Annahme einer stillschweigenden Zusicherung regelmäßig erst dann, wenn sie durch eine entsprechende Angabe im Rahmen der Mietzinsvereinbarung als Kalkulationsgrundlage für die Miethöhe vereinbart ist. Im streitgegenständlichen Mietvertrag wird die Miete jedoch nicht auf der Grundlage der im Mietvertrag angegebenen vermieteten Fläche berechnet. Die Vereinbarung einer Quadratmetermiete findet sich dort gerade nicht.

(b) Es liegt aber ein zur Mietminderung berechtigender Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB wegen einer Flächenabweichung vor.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei der Wohnraummiete ein zur Minderung der Miete berechtigender Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB vor, wenn die gemietete Wohnung eine Wohnfläche aufweist, die mehr als 10 % unter der im Mietvertrag angegebenen Fläche liegt. Einer zusätzlichen Darlegung des Mieters, infolge der Flächendifferenz sei die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert, bedarf es in einem solchen Fall nicht. Die Erheblichkeitsgrenze von 10 % gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Mietvertrag zur Größe der Wohnung nur eine „ca.“-Angabe enthält. Der Zusatz „ca.“ lässt zwar erkennen, dass Toleranzen hingenommen werden sollen. Auch für solche Toleranzen ist jedoch die Grenze dort zu ziehen, wo die Unerheblichkeit einer Tauglichkeitsminderung der Mietsache endet. Diese Grenze ist im Interesse der Praktikabilität und der Rechtssicherheit bei 10 % anzusetzen; eine zusätzliche Toleranz ist dann nicht mehr.

Der Mieter hat aus dem Mietvertrag mit der Beklagten einen fälligen Anspruch auf Rückzahlung der zuviel gezahlten Miete für den gesamtem Mietzeitraum vom 01.03.2017 bis zum 31.10.2018 in Höhe von insgesamt 2.554,50 Euro (= 20 Monate × 127,72 Euro).

Ein Beitrag von RAin Alexandra Novak-Meinlschmidt – Kanzlei von Düsterlho, Rothammer & Partner mbB

Quelle

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